Wenn Kampfkünste sich begegnen: Karate und Taijiquan

Belal, Nabil, Juergen Karate und Taiji
Bild 1: Ein Treffen unterschiedlicher Kampfkünste. Von links: Spartenleiter Karate Belal Chahrour, Taijiquan Trainer Nabil Ranné und Karate Trainer Jürgen Leister.

Am World Taiji Day (26.04.2025) trafen sich 28 Kampfkünstler aus
verschiedenen Karatevereinen und dem CTND Kassel (Chen Stil Taijiquan
Netzwerk Deutschland) zu einem ganz besonderen Lehrgang in Schauenburg,
bei Kassel. Taijiquan-Prinzipien wie Strukturkraft, Spiralbewegung und
Dantian-Zentrierung wurden während des Lehrgangs erklärt, analysiert und auf
Karate übertragen. Die anwesenden Karatekas hatten die Möglichkeit mit den
Taiji-Praktizierenden zu üben, um gemeinsam Bewegungsabläufe, Strukturen
und geistige Haltungen aus einer anderen Perspektive zu erleben.
Der Lehrgang wurde von Lenz Hocher (3. Dan Shotokan Karate) TSV Hoof und Nabil
Ranné (Schüler von Chen Yu und Mitgründer CTND)
geleitet. Im Mittelpunkt
stand die Frage, wie die dargestellten Prinzipien auf das Karate übertragen
werden können. Die Kampfkünstler kamen aus unterschiedlichen Kontexten,
darunter waren neben Vertretern des hessischen Karate Landesverbands auch Mitglieder
von Rot-Weiß Kassel, SVH Kassel, Karate Akademie und CTND Kassel
anwesend. Unter den Übenden befanden sich vom Rot-Weiß Kassel der Trainer
Jürgen Leister und Spartenleiter Belal Chahrour. Interessiert hörten sie den
Inhalten der Lehrgangsleiter zu und versuchten in Partnerübungen die
dargestellten Prinzipien umzusetzen.
Der Lehrgang war in vier Trainingseinheiten gegliedert, die aufeinander
aufbauen. Zu Beginn wurden die Karateka in die Taijiquan-Grundlagen
eingeführt. Dazu gehörten die Standstruktur, Dantian-Bewusstsein,
Spiralbewegung (Silk Reeling) und das Prinzip des Öffnens und Schließens. Im
Anschluss wurden die Taiji-Prinzipien anhand der Shotokan-Kata Hangetsu ins
Karate übertragen. Nach einer Mittagspause mit regem Austausch unter den
Kampfkünstlern, startete die dritte Einheit mit einer Partnerübung zur
Körperstruktur und Gleichgewicht. Der Schwerpunkt lag auf der
Nahkampfdistanz (Infight). Zuletzt wurden Kleingruppen gebildet, in denen die
Kata Hangetsu sowohl aus Karate- als auch Taiji-Perspektive betrachtet und
angewendet wurde. Während des Lehrgangs wurde deutlich, dass es zwischen
beiden Kampfkünsten starke parallelen gibt. Das Prinzip des Öffnens und
Schließens bei dem bestimmte Körperbereiche beim Ausführen von Techniken
belastet und andere dafür entlastet werden, gibt es auch im Karate. Ähnlich ist es
auch mit dem Energiezentrum, der Karateka kennt das Hara (Energiezentrum,
ca. 3 cm unterhalb des Bauchnabels), in Taiji ist es die Dantian-Zentrierung.
Zwei Begriffe, die inhaltlich das Gleiche meinen. Aber es gibt noch mehr
Parallelen, sowohl Taiji als auch Karate gliedern den Körper in drei Bereiche
auf. Bei dem Karateka ist es Gedan (unterer Bereich), Chudan (mittlerer
Bereich) und Jodan (oberer Bereich). Wobei in Taiji die drei Bereiche nochmals
untergliedert werden. Ein großer Mehrwert für die Lehrgangsteilnehmer waren
die Fähigkeiten des Taiji in der Nahdistanz zu kämpfen, hier kann der Karateka
seine Kompetenzen erweitern.
Im Mittelpunkt dieses besonderen Lehrgangs stand der Austausch zwischen
beiden Kampfkünsten. Es bot den Teilnehmern die Möglichkeit miteinander zu
trainieren und voneinander zu lernen. Die Karateka bekamen eine andere
Perspektive von Kraftübertragung und Bewegungsfluss geboten. Dieser
Lehrgang stand besonders im Sinne von Freundschaft durch Kampfkunst. Auch
in Zukunft wird es zwischen Karate und Taiji einen regen Austausch geben.

Bild 2: Motiviert auf dem Lehrgang. Belal Chahrour versucht während einer
Partnerübung die Taiji-Prinzipien umzusetzen.
Bild 2: Motiviert auf dem Lehrgang. Karateka Belal Chahrour versucht während einer Partnerübung die Taiji-Prinzipien umzusetzen.